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Hamburg: Neuer Klimaplan und neues Klimaschutzgesetz für Hamburg

Senat beschließt konkrete Maßnahmen für die kommenden zehn Jahre und setzt neue CO2-Ziele für 2030 und 2050

Der Senat hat heute mit einer Fortschreibung seines Klimaplans und einem neuen Klimaschutzgesetz zwei entscheidende Weichen gestellt, um die Klimaziele Hamburgs zu erreichen. Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß um 55 Prozent sinken, bis 2050 soll Hamburg klimaneutral werden. Der Klimaplan beschreibt die Verantwortung und die jeweiligen CO2-Minderungsziele in den Sektoren „Verkehr“, „Private Haushalte“, „Gewerbe, Dienstleistung, Handel“ und „Industrie“. Er enthält eine Vielzahl konkreter Maßnahmen, die zu der erforderlichen Verringerung der CO2-Emissionen bis 2030 führen sollen. Der Entwurf des neuen Klimaschutzgesetzes schafft hierfür einen verbindlichen rechtlichen Rahmen. 

Neuer Klimaplan und neues Klimaschutzgesetz für Hamburg

Bürgermeister Peter Tschentscher: „Hamburg hat seit 2011 im Klimaschutz viel erreicht. Wir sanieren die Schulen und öffentlichen Gebäude, setzen auf emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr, investieren in den Landstrom im Hafen und steigen bei der Fernwärme aus der Kohle aus. Seit 2012 haben sich die CO2-Emissionen in Hamburg jedes Jahr verringert, im Durchschnitt um über 400.000 t CO2 pro Jahr. Wir werden mit den jetzt beschlossenen Maßnahmen das 55-Prozent-Klimaschutzziel für 2030 sicher erreichen, dieses vermutlich sogar übertreffen. Hamburg leistet damit als moderne Metropole und großer Industriestandort in Deutschland einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens.“

Umweltsenator Jens Kerstan: „Klimaschutz ist kein Selbstzweck. Hamburg muss alles tun, um die Menschen vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Mit dem Klimaplan zeigen wir einen Weg auf, wie Hamburg seine Ziele konkret erreichen und seiner Verantwortung gerecht werden kann. Wir haben das Etappenziel verschärft und wollen bis 2030 den CO2-Ausstoß um 55 Prozent senken. Bis spätestens 2050 soll Hamburg klimaneutral werden. Bis dahin ist es ein weiter Weg und die Herausforderungen sind groß. Aber wir gehen jetzt voran und haben im Klimaplan eine Vielzahl konkreter Maßnahmen beschlossen. Der Senat wird Milliarden investieren. Neben Investitionen, Förderung und Innovation brauchen wir in manchen Bereichen auch neue Regeln und Pflichten, damit wir schneller vorankommen, um unsere Ziele zu erreichen. Wir legen deshalb das anspruchsvollste und weitreichendste Klimaschutzgesetz Deutschlands vor und betreten damit zum Teil auch juristisches Neuland. Manche Regelung wird den Einzelnen Beiträge abverlangen, aber wir wollen niemanden überfordern. Deshalb werden wir auf eine gerechte und sozial ausgewogene Verteilung der Lasten achten. Klimaschutz bietet aber auch Chancen: Wenn wir die Herausforderung entschlossen annehmen, können die Verkehrswende, die Wärmewende und die nötige Modernisierung von Gebäuden, Kraftwerken und Industrie zum Jobmotor und Innovationstreiber für Hamburg werden. Der Klimaplan und das Klimagesetz lösen noch nicht alle Probleme. Sie sind aber ein großer Schritt voran und ein gutes Fundament, auf dem zukünftig weitere Anstrengungen beim Klimaschutz aufbauen können.“

Reduktionsziel und verbindliches Controlling

Bis 2030 reduziert Hamburg die CO2-Emissionen um 55 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990. Bis 2050 strebt die Stadt eine Emissionsminderung von mindestens 95 Prozent an, um Klimaneutralität zu erreichen.

Der CO2-Ausstoß Hamburgs betrug im Jahr 1990 rund 20,7 Mio. Tonnen und soll bis 2030 auf 9,3 Mio. Tonnen reduziert werden. Da die CO2-Emissionen bis 2017 bereits um 20,8 Prozent (rund 16,4 Mio. Tonnen) reduziert wurden, verlangt das neue Reduktionsziel demnach eine weitere Minderung um rd. 7 Mio. Tonnen bis 2030.

Damit Hamburg seine Reduktionsziele erreichen kann, bedarf es grundlegender Weichenstellungen für den Klimaschutz auch auf Bundesebene. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei u.a. dem Ausbaupfad für die erneuerbaren Energien und dem Kohleausstieg zu. Die größte in Hamburger Zuständigkeit liegende Stellschraube ist der Ausbau und die qualitative Verbesserung der Fernwärmeversorgung mit dem Ziel einer auf mittlere Sicht vollständigen Dekarbonisierung. Bedeutende Eckpfeiler dafür sind das Abschalten und der klimafreundliche Ersatz des Kraftwerks Wedel sowie die klimafreundliche Umrüstung des Kraftwerks Tiefstack.

Nach aktuellen Berechnungen bleibt unter Berücksichtigung der Potenziale bei Bundesstrommix und Fernwärme (Einsparungen durch Energiemix) eine Differenz von etwa 4,1 Mio. t CO2, die durch einen Mix weiterer eigenständiger Hamburger Maßnahmen reduziert werden muss.

Im Klimaplan werden die Reduktionsverpflichtungen Sektor bezogen festgelegt: Der Klimaplan 2019 baut auf den Vorgänger-Plan von 2015 auf. Er unterscheidet in vier große Bereiche von CO2-Verursachern, die Sektoren Private Haushalte (PHH), Gewerbe-Handel-Dienstleistungen (GHD), Industrie und Verkehr. Ein fünfter großer Bereich ist die Klimaanpassung. Für die Sektoren werden konkrete Einsparziele in Prozent und Tonnen vorgegeben.

Der PHH-Sektor (inklusive Gebäude) soll den Ausstoß bis 2030 um weitere knapp 2 Mio. Tonnen CO2 senken, der GHD-Sektor um 2,1 Mio. Tonnen, die Industrie um 1,6 Mio. Tonnen und der Verkehr um rd. 1,4 Mio. Tonnen (jeweils ausgehend von 2017).

Die Verantwortung für die Einhaltung tragen die zuständigen Behörden selbst. Die Koordinierung für den Klimaplan liegt in der Umweltbehörde. Die Umsetzung und der Erfolg der Maßnahmen werden jährlich überprüft, alle zwei Jahre wird der Bürgerschaft berichtet und spätestens alle vier Jahre wird der Klimaplan angepasst.

Klimaplan

Hamburg nimmt sich mit dem Klimaplan vor, in den kommenden Jahren die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, damit die Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft in einer lebenswerten, wirtschaftlich erfolgreichen und bezahlbaren Stadt leben können, die als große Metropole ihren Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels leistet.

Mit dem Plan sind eine Reihe von Maßnahmen verbunden wie etwa Sanierungs- und Dekarbonisierungsfahrpläne, Energiestandards für Gebäude, Ausbaumaßnahmen für ÖPNV und Radverkehr sowie Förderungen von Klimaschutzprojekten und Vor-Ort-Beratungen für Unternehmen. (Liste mit ausgewählten Maßnahmen siehe unten)

Die Maßnahmen zur Umsetzung des Klimaplans erfordern erhebliche finanzielle Mittel. Kumuliert über die Laufzeit des Klimaplans bis 2030 wird nach gegenwärtigem, naturgemäß noch nicht veranschlagungsfähigem Planungsstand von einem Gesamtvolumen von rund 2 Mrd. Euro ausgegangen.

Ein wesentlicher Teil der Vorhaben in den verschiedenen Sektoren ist dabei bereits Gegenstand laufender Planungen bei den jeweiligen Behörden oder öffentlichen Unternehmen (z.B. der ÖPNV-Ausbau) und daher nicht zusätzlich gesondert zu veranschlagen. Ein ebenfalls wesentlicher Teil der Vorhaben ist Gegenstand von Finanzierungsplanungen privater Partner bzw. Stakeholder insbesondere aus Wirtschaft und Industrie, sodass diese insoweit keinen oder nur anteiligen Finanzierungs- bzw. Förderbedarf bei der Freien und Hansestadt Hamburg auslösen. Darüber hinaus sind zusätzliche Mittel durch den Bund für Länder und Kommunen erforderlich, um die enormen Herausforderungen beim Klimaschutz auch finanziell zu bewältigen.

Die verbleibenden finanziellen Mehrbedarfe werden für das Haushaltsjahr 2020 im Rahmen einer Nachbewilligungsdrucksache sowie für die Haushaltsjahre ab 2021 im Rahmen der jeweiligen Haushaltsplanaufstellungen konkretisiert und eingeworben. Für das Startjahr 2020 ist für entsprechende Reserven bereits haushalterisch vorgesorgt. 

Klimaschutzgesetz

Mit dem Entwurf des Klimaschutzgesetzes beabsichtigt der Hamburger Senat, die Begrenzung der Erderwärmung als Staatsziel in der Hamburgischen Landesverfassung zu verankern. Der Entwurf umfasst 31 Paragrafen und geht nach dem heutigen Senatsbeschluss zur weiteren Beratung an die Bürgerschaft. Für die Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit in der Bürgerschaft notwendig.

Die Ziele des Klimaplans werden im Gesetz verankert. Ebenso das Verfahren zur regelmäßigen Überarbeitung und Anpassung. Darüber hinaus wird auch eine Reihe von inhaltlichen Festlegungen getroffen:

Es sieht u.a. eine Pflicht zur Installation von Solaranlagen ab 2023 auf Hamburgs Dächern (im Neubau) vor und einen verpflichtenden Anteil Erneuerbarer Energien bei einem Tausch von Heizungsanlagen ab Mitte 2021. Ölheizungen im Neubau sollen ab 2022 nicht mehr zulässig sein, beim Austausch bestehender Anlagen ist für den Energieträger Heizöl ab 2026 Schluss. Für all diese Anforderungen wird es Ausnahmeregelungen geben, um die Entstehung unzumutbarer Härten im Einzelfall zu verhindern. Es soll ein wissenschaftlich besetzter Klimabeirat installiert werden, der den Senat berät. Gebäude der öffentlichen Hand sollen in vorbildhafter Weise energieeffizient errichtet und saniert werden. Die Landesverwaltung und ihr Fuhrpark sollen bis 2030 klimaneutral organisiert werden. Außerdem definiert das Gesetz Ziele für eine nachhaltige und emissionsarme Mobilität.

Rückfragen der Medien:

Pressestelle des Senats
Marcel Schweitzer, Senatssprecher
Telefon: 040 / 428 31 22 44
pressestelle@sk.hamburg.de 

Pressestelle der Behörde für Umwelt und Energie
Jan Dube, Pressesprecher
Telefon: 040/428 40 8006
E-Mail: jan.dube@bue.hamburg.de
Internet: www.hamburg.de/bue 

Service für Redaktionen

Anlage: Auswahl von Maßnahmen aus dem Klimaplan

Wärmeversorgung:

  • Dekarbonisierung der Fernwärme (Ersatz Wedel, Umbau Tiefstack)
  • Neue Wärmenetze mit Einsatz erneuerbarer Energien und Abwärme für Neubau- und Bestandsgebiete
  • Schaffung von Anreizen für den Einsatz hybrider Wärmeversorgungssysteme
  • Weiterentwicklung von energetischen Quartiersansätzen

Gebäudeeffizienz:

  • Weiterentwicklung von Förderprogrammen zur energetischen Sanierung von Wohn- und  Nichtwohngebäuden
  • Machbarkeitsstudie zum Hamburger Wohnungsbestand zur Ermittlung von Potenzialen und Erstellen eines Fahrplans zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudebereich
  • Energetische Sanierung öffentlicher Nichtwohngebäude
  • Neubauten und Erweiterungsbauten öffentlicher Nichtwohngebäude werden ab 2022 mind. im Standard Effizienzhaus 40 errichtet
  • Entwicklung einer Hamburger Holzbau-Strategie

Mobilität:

  • Ausbau ÖPNV durch Neubau U5, S32, S4 , Verlängerung S21, U4, Verdichtung durch zusätzliche Haltestellen; Einführung eines ExpressBus- und QuartierBus-Netz
  • Verknüpfung von klassischen öffentlichen Mobilitäts-, Sharing- und On-Demand-Angeboten, Ausbau digitaler Informations- und Vertriebssysteme, weiterer Ausbau von Mobilitäts-Hubs (switchh-Punkte)
  • Umsetzung Veloroutenkonzept, Planung und Bau von Radschnellwegen
  • Förderprogramm für Lastenräder sowie Programm für öffentliche Fahrrad-Abstellplätze
  • Anreiz zum Verkehrsmittelumstieg durch autofreie Innenstadt-Zonen
  • Ausbau und Betrieb öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge auch auf gewerblichen und privaten Flächen vorantreiben
  • Vollständige Umstellung von Carsharing-Flotten auf E- Fahrzeuge nach EmoG
  • Erarbeitung und Umsetzung Gesamtstädtisches Konzept Letzte Meile
  • Ausbau von Landstrom für Containerschiffe, Landstrom für Kreuzfahrtschiffe an den Terminals HafenCity und Steinwerder
  • Emissionsfreie Alsterschifffahrt
  • Steigerung der E-PKW-Flotte im FHH-Fuhrpark und öffentlicher Unternehmen

Wirtschaft:

  • Norddeutsches Reallabor – Erprobung der ganzheitlichen Transformation des Energiesystems, um Wege zu schneller Dekarbonisierung zu demonstrieren
  • Klimaschutzteilkonzepte für große Gewerbe-/Industrie­standorte, Einstellung von Klimaschutzmanagerinnen und -managern
  • Netzwerke (Energieeffizienz-Netzwerke, Öffentliche Unternehmen als Klima-Partner)
  • Weiterentwicklung der Förderkonzepte u.a. im Hinblick auf Sektorenkopplung
  • Förderung von CO2-effizientem Materialeinsatz in Produktionsverfahren.

Anpassung an den Klimawandel:

  • Starkregenvorsorge und naturnahes Regenwassermanagement: Regenwasser zurückhalten, nutzen und dem natürlichen Wasserkreislauf zuführen.
  • Hitzevorsorge: Grün in der Stadt, Vernetzen von Grünflächen, Erhalt und Entwicklung des Baumbestandes, Dach- und Fassadenbegrünung.
  • Küsten- und Binnenhochwasserschutz fortführen.
  • Versorgungssicherheit in kritischen Infrastrukturen gewährleisten: Energie, Trinkwasser, Abwasser und Kommunikation.
  • Bevölkerungsschutz weiterentwickeln: Katastrophen- und Gesundheitsschutz.
Freie und Hansestadt Hamburg