Meseret Hadush für ihren Einsatz gegen sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Bürgerkrieg ausgezeichnet
Meseret Hadush aus der Region Tigray in Äthiopien wird mit dem 19. Bremer Solidaritätspreis ausgezeichnet. Dies hat der Senat der Freien Hansestadt Bremen in seiner Sitzung am 29. April 2025 beschlossen. Damit folgt der Senat dem Vorschlag des Kuratoriums des Bremer Solidaritätspreises.
Thema der Ausschreibung war die sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Konfliktsituationen. Sexualisierte Gewalt wird in Konfliktsituationen oftmals strategisch als Kriegswaffe eingesetzt, um ethnische Gruppen und Gemeinschaften zu zerstören und Menschen zu vertreiben. Vor dem Hintergrund der weltweit zu beobachtenden Zunahme von bewaffneten Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen will der Preis einen Fokus auf die gravierende Situation von Frauen und Mädchen legen. Viele der Kriege und Konflikte – und mit ihnen das Schicksal der Frauen und Mädchen – werden von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und scheinen von der Weltgemeinschaft vergessen.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte betont zur Entscheidung des Senats: "Meseret Hadush setzt sich mit außergewöhnlichen Engagement für die Überlebenden Frauen und Mädchen im Tigray ein. Die Auszeichnung von Meseret Hadush und der von ihr gegründeten Organisation Hiwyet setzt ein wichtiges Zeichen gegen sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen, für die Verurteilung des strategischen Einsatzes von sexualisierter Gewalt in Kriegssituationen und für die Bestrafung der Verantwortlichen. Vor allem aber möchten wir damit auch ein Zeichen der Solidarität mit den betroffenen Frauen setzen, nicht nur in Tigray, sondern weltweit."
Meseret Hadush setzt sich mit außergewöhnlichem Engagement gegen sexualisierte Gewalt in Tigray ein. 2023 gründete sie die Organisation Hiwyet, was auf tigrayisch "Heilung" bedeutet. Die Arbeit von Hiwyet umfasst sowohl die Unterstützung und Heilung von Opfern sexualisierter Gewalt und die Sensibilisierung der betroffenen Gemeinschaften als auch politisches Engagement. Mit ihrer Organisation kämpft Meseret Hadush dafür, den Schutz der Frauen und Mädchen auch durch die strafrechtliche Verfolgung der Täter zu verbessern und die Verantwortlichen auf internationaler Ebene für ihre Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen.
Meseret Hadush: "Diese Auszeichnung ist mehr als nur eine Ehrung – sie ist eine starke und bedeutungsvolle Plattform, die den Stimmen von Frauen Gehör verschafft, die systematisch als Waffe eingesetzte sexualisierte Gewalt überlebt haben. Die Auszeichnung trägt dazu bei, das Schweigen zu brechen, das diese Gräueltaten viel zu lange umgeben hat und verstärkt die Stimmen unzähliger Frauen auf der ganzen Welt, die weiterhin nach Gerechtigkeit, Würde und Heilung suchen."
Herausstechend an der Arbeit von Hiwyet ist ihr klarer Fokus auf das Wohl der Überlebenden sexualisierter Kriegsgewalt, deren Sicherheit, Würde und Gerechtigkeit für die Opfer. Besonders ist auch, dass sie neben der akuten Unterstützung von Betroffenen und der Arbeit mit der Gesellschaft auch die Post-Konflikt-Bearbeitung, die langfristige Aufarbeitung der Gräueltaten und Bewältigung von Traumata, sowie die Prävention durch Bewusstseinsbildung und die Schaffung rechtlicher und politischer Strukturen im Blick hat, das heißt präventiv tätig wird.
Nominiert wurde Meseret Hadush von einer Vielzahl von Akteuren und Einzelpersonen, die ihr herausragendes Engagement seit Jahren unterstützen.
Der Festakt zur Verleihung des 19. Bremer Solidaritätspreises wird voraussichtlich im Oktober 2025 im Bremer Rathaus stattfinden.
Zum Hintergrund:
Tigray-Konflikt
Aus den anhaltenden Spannungen und Konflikten in Äthiopien entwickelte sich ab November 2020 ein militärisch ausgetragener Konflikt in der Region Tigray, der sich auf weitere Landesteile ausbreitete und in einem Bürgerkrieg eskalierte. Mehr als 600.000 Menschen kamen ums Leben, Millionen Menschen wurden vertrieben. Von Beginn an wurde systematisch Vergewaltigung als Kriegswaffe in Tigray eingesetzt. Schätzungsweise 120.000 Frauen und Mädchen wurden Opfer von systematisch eingesetzter sexualisierter Gewalt und gezielt benutzt, um die Gemeinschaft zu brechen sowie die Ethnie der Tigray zu zerstören.
Bremer Solidaritätspreis
Der Bremer Solidaritätspreis wird alle zwei Jahre vom Senat der Freien Hansestadt Bremen verliehen. Er soll eine Ermutigung für Personen oder Initiativen sein, die sich in besonderer Weise für die Überwindung von Ungerechtigkeit im Nord-Süd- Verhältnis und der Folgen von Kolonialismus und Rassismus sowie für Demokratie und Menschenrechte einsetzen.
Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert, die sich aus Mitteln der Senatskanzlei und einer Zustiftung der privaten R. + R. Reinke-Stiftung zusammensetzen. Neben dem Preisgeld wird eine Skulptur des Bremer Künstlers Bernd Altenstein verliehen. Die Figur zeigt die Bremer Stadtmusikanten und steht symbolisch für die Kraft des solidarischen Handelns. Denn aus den einsamen und schwachen Bauerntieren ist am Ende des Märchens ein starkes Quartett geworden, das gemeinsam Hindernisse überwindet.
Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger des Bremer Solidaritätspreises:
- 1988 Nelson und Winnie Mandela (Südafrika)
- 1990 Bischof Medardo E. Gómez und die Flüchtlingsorganisation CRIPDES (El Salvador)
- 1992 Davi Copenawa Yanomami als Interessensvertreter der indigenen Völker des Amazonas-Regenwaldes (Brasilien)
- 1994 Aung San Suu Kyi (Myanmar / Birma)
- 1996 HAN Dong-Fang, Autonome Arbeitervereinigung von Peking -AAV- (China)
- 1998 Nadjet Bouda, Menschenrechtsbewegung "Rassemblement, Actions, Jeunesse - RAJ" (Algerien)
- Hetti Samanmali, Initiative "Da Bindu Collective" (Sri Lanka) und Brigitte Erler, "Aktion Courage e.V.- SOS Rassismus" (Deutschland)
- 2001 Marguerite Barankitse (Burundi) und Melanie Ntahongendera (Ruanda) mit dem Waisenhaus "La Maison Shalom"
- 2003 Dr. Sumaya Farhat-Naser (Palästina) Gila Svirsky (Israel) für den Dialog und Frieden im Nahost-Konflikt
- 2005 Elsa de Oesterheld (Argentinien) und Kuno Hauck (Deutschland) für ihr Engagement in der "Koalition gegen Straflosigkeit. Wahrheit und Gerechtigkeit für die deutschen Verschwundenen in Argentinien"
- 2006 Ana del Carmen Martínez, Sprecherin der afro-kolumbianischen Friedensgemeinde (Kolumbien) und Carolina Pardo Jaramillo, Franziskanerschwester (Kolumbien)
- 2009 Immaculée Birhaheka, Gründerin der kongolesischen Organisation zur Förderung und Unterstützung von Fraueninitiativen – PAIF (DR Kongo)
- 2011 Maung Thura, "Zarganar", Satiriker und Schauspieler, Engagement im Kampf gegen HIV/AIDS, Regierungskritiker (Burma/Myanmar)
- 2013 Aminatou Haidar, Präsidentin der Menschenrechtsorganisation CODESA aus der Westsahara
- 2015 Esther Mujawayo-Keiner, Traumatherapeutin und Autorin, Mitbegründerin von AVEGA in Ruanda
- 2017 Stella Agara, kenianische Aktivistin für Steuergerechtigkeit und gegen Steuervermeidung
- 2019 Victor Antonio Fernández Guzman und Martin Fernández Guzman, Menschenrechtsanwälte und Mitbegründer von der "Breiten Bewegung für Würde und Gerechtigkeit" – Movimiento Amplio por la Dignidad y la Justicia MADJ in Honduras
- 2021 Rukmini Vaderapura Puttaswamy, Mitbegründerin der Fraueninitiative "Vorwärts marschieren" (Munnade) sowie der ausschließlich von Frauen geführten Gewerkschaft Garment Labour Union (GLU)
- 2023 Hamira Kobusingye, Aktivistin für globale Klimagerechtigkeit und Gendergerechtigkeit, Uganda