Seit 2016 gibt es zwischen Saarbrücken und Marcala in Honduras freundschaftliche Beziehungen
Schon als Sechsjährige lernte Elizabeth, genannt Betty Perez, von ihrem Opa, wie man Kaffee pflückt. Sie gehört einer Familie an, die in der Gemeinde Marcala in Honduras in dritter Generation Kaffee anbaut. Ihr Opa habe in Marcala, einem bekannten Anbaugebiet im Hochland, einst die erste Kooperative der kleinen Kaffeebauern gegründet, erzählt Betty Perez. Und ihr Onkel sei einer der Pioniere für Fair-Trade gewesen. Er habe in den 1990ern die ersten Säcke fairen und Bio-Kaffee von Honduras aus nach Deutschland an die GEPA verkauft. Heute gebe es in der Region Marcala 15 Kooperativen, sagt Betty Perez. Dennoch: Nur die wenigsten Kaffeebauern schafften es, ihren Kaffee unter Fair-Trade-Bedingungen zu produzieren und zu verkaufen.
Eine Kooperative, die das hinbekommen hat, ist die Comsa, zu deren über 800 Mitgliedern auch Betty Perez und David Perez lange gehörten. Die beiden Kollegen, die inzwischen ihre eigene Kaffee-Kooperative gegründet haben, sind gerade auf Informationsreise in Europa und waren so auch in Saarbrücken zu Gast, um sich mit FairTrade-Kollegen aus dem Netzwerk Entwicklungspolitik im Saarland auszutauschen.
Für Betty Perez war es nicht der erste Besuch hier. Bereits seit 2016 gebe es zwischen Saarbrücken und Marcala freundschaftliche Beziehungen, sagt Diego Nunez, der damals zusammen mit Peter Weichardt zu jener Delegation gehörte, die nach Mittelamerika reiste, um Produzenten zu besuchen und die Fair-Trade-Initiative vorzustellen. Mit Folgen: „2019 wurde Marcala erste FairTradeTown inHonduras“, merktWeichardt an und freut sich, dass der Austausch immer noch gepflegt wird. Die Kooperative „Café Orgánico Marcala – COMSA“, die fair und biologisch Kaffee produziert, erhalte heutzutage pro Jahr eine Million Euro Fairtrade-Prämie, die sie zu einem kleinen Teil in Gesundheitsmaßnahmen und zu 80 Prozent in die Schulbildung investiere, erzählt David Perez. So habe die Kooperative etwa eine neue Schule gebaut, die mit einer umfangreichen Schulbibliothek und Klimaanlagen ausgestattet sei. Am wichtigsten sei für die Kaffeebauern aber, dass durch Fair-Trade die Ernte eines Jahres vorfinanziert werde, damit der Bauer keinen Kredit aufnehmenmüsse, betontDavid Perez. Denn wenn der Kaffee geerntet ist, sieht er noch lange kein Geld. Erst muss der Kaffee stets drei Monate gelagert werden, bevor er dann drei Monate auf den Transport geht.
Der Klimawandel setze dem Kaffeeanbau weltweit zu, bringe extreme Trockenheit ebenso wie Starkregen mit sich, weiß auch NESGeschäftsführer Helmut Jacob, der selbst einige Jahre in Mittelamerika gelebt hat. Das alles macht die Pflanzen anfälliger. „Vor 2016 hatten wir viel Schaden durch die Kaffeerost-Krankheit und den Kaffeebohrer Broca“, berichtet Betty Perez. Der Kaffeekäfer, der sich in die Kaffeefrucht hineinfrisst, gilt als schlimmste Plage im Kaffeeanbau. In Marcala stehen die kleinen Kaffeebauern aber vergleichsweise noch ganz gut da. Denn anders als oft auf Großplantagen, darf die „Schattenpflanze“Kaffee bei ihnen überwiegend im Schatten, unter Bäumen, wachsen.
Außerdem bauen sie Spezialitätenkaffee höchster Güte an, kleine Mengen, durchgehend nur in Handarbeit. Das ist aufwändig, erzielt aber einen höheren Preis. Bevor Betty Perez und David Perez Saarbrücken verließen, wollten sie auch noch Fair-Trade-Schulklassen in der Gemeinschaftsschule Quierschied und in der Europäische Schule besuchen.